Geflüchtetencamp der Rohingya in Bangladesch

Stimmen aus Bangladesch: Geflüchtete Rohingya aus Myanmar schildern ihre Erlebnisse

Hunderttausende Geflüchtete dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen

Seit dem Ausbruch der Kämpfe im Norden Myanmars im August 2017 sind nach Angaben der UN bereits über 900.000 Frauen, Männer und Kinder über die Grenze ins benachbarte Bangladesch geflohen. Viele mussten über Tage hinweg in provisorischen Unterkünften an der Grenze ausharren. Oftmals sind sie nur mit dem geflohen, dass sie gerade am Leib trugen. Nun stehen sie vor dem Nichts, leiden Hunger und Durst, sind durch die schrecklichen Erlebnisse traumatisiert und dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Verlust in der Gegenwart, Angst vor der Zukunft

Nurun, Hasina, Abdul und Kulsuma sind nach Bangladesch geflohen und haben in einer Notunterkunft im grenznahen Kutupalong Zuflucht gefunden. Ihre Geschichten von Verlust und Zunkunftsängsten sind so individuell wie exemplarisch für das Leid hunderttausender Frauen, Männer und Kinder.

  • Nurun Naha

Die 26-jährige Nurun hat die Grenze zu Bangladesch kurz nach der Gewalteskalation erreicht. Sie floh mit acht ihrer neun Kinder in das benachbarte Land.

„Ich musste meinen Sohn zurücklassen und weiß nicht, wo mein Mann ist“ sagt sie voller Sorge. „Als die Gewalt zunahm, sind wir so schnell gelaufen, wie wir konnten und haben uns versteckt. Mitten in der Nacht. Das einzig Wichtige war, zu überleben.“

Nurun Naha ist unglaublich besorgt. Denn sie weiß nicht, ob es ihr achtjähriger Sohn über die Grenze geschafft hat. Sie hofft darauf, Mann und Kind in Bangladesch wiederzusehen.

„Als wir in Bangladesch ankamen, wussten wir nicht, wohin wir gehen sollten. Also sind wir am Straßenrand sitzengeblieben. Wir waren hungrig und die Kinder haben bitterlich geweint. Ein Fremder hat uns etwas zu Essen gegeben und uns eine Unterkunft angeboten. Da waren wir unglaublich dankbar! Ich schäme mich, von anderen Menschen Essen erbitten zu müssen. Ich wünschte, ich könnte zu Hause in Rakhine sein“, sagt Nurun traurig, während sie ihren 15 Tage alten Sohn anblickt.

  • Hasina

Hasina ist 27 Jahre alt. Zwei Nächte verharrte sie mit ihren fünf Kindern an der Grenze, bevor sie es gemeinsam nach Bangladesch schafften. Ihr Mann wurde bei einem Kreuzfeuer erschossen, während Hasina bei der Arbeit auf dem Reisfeld war. Ihre Nachbarn mussten ihr diese traurige Nachricht übermitteln.

„Noch am gleichen Nachmittag flohen wir aus unserer geliebten Heimat. Das Wichtigste für mich war, meine Kinder in Sicherheit zu bringen. Ich hatte nicht einmal Zeit, seinen Körper zu begraben“, sagt Hasina. Ihre Stimme wird immer leiser.

Der Weg nach Bangladesch war hart: Wie viele der Flüchtlinge mussten auch Hasina und ihre Kinder kilometerweit laufen, waren durchnässt von sintflutartigem Regen, schliefen unter freiem Himmel und versteckten sich aus Todesangst im Gebüsch, um der erbarmungslosen Gewalt zu entkommen.

„Als wir den Fluss überquerten, warteten dort Verwandte von einigen der Flüchtlinge, um ihnen zu helfen. Meine Kinder und ich hatten niemanden", erzählt sie.

Hasina hat enorme Angst vor der Zukunft. Denn sie hat in Bangladesch keine Verwandten, die sie unterstützen können. Am liebsten würde sie nach Myanmar zurückkehren, wo ihre Eltern zurückgeblieben sind. Allerdings weiß sie nicht, ob sie noch leben.

  • Abdul Malek

Mitten in der Nacht wurde Abduls Familie von Schüssen und Schreien aus dem Schlaf gerissen. In der Hoffnung, die Situation würde sich noch zum Besseren wenden, blieben sie zwei weitere Nächte. Als sich die Situation dann jedoch immer weiter verschärfte, flohen auch sie aus ihrer Heimat.

„Wir liefen acht Stunden ohne Pause. Es war dunkel und wir hatten große Angst, erschossen zu werden, wenn uns das Militär entdeckt hätte.“

Abdul hat für seine Familie eine temporäre Unterkunft in der Siedlung gefunden. Was die Zukunft bringen wird, weiß er nicht.

„Ich bin dankbar, wenigstens eine Mahlzeit am Tag zu haben.“

  • Kulsuma

Die 27-jährige Kulsuma ist im fünften Monat schwanger. Sie hat Bangladesch mit ihren beiden Kindern erreicht – beide jünger als fünf Jahre. Kulsuma hat Glück, denn sie hat Verwandte in Bangladesch.

„Im letzten Jahr, als sich die Situation verschlimmert hat, sind mein Schwager und seine Familie nach Bangladesch geflohen. Nun werden meine Kinder und ich erstmal bei ihnen bleiben. Auch meine Eltern wollen versuchen, die Grenze zu passieren, um sich uns anzuschließen. Ich weiß nicht, wo wir in Zukunft leben sollen. Denn sie haben unsere Häuser niedergebrannt und uns damit unsere Existenzgrundlage genommen.“

Aktion gegen den Hunger ist vor Ort und leistet Nothilfe

Die Hafenstadt Cox’s Basar ist ein Hauptzufluchtsort für die Geflüchteten aus Myanmar. Es kommen hauptsächlich Frauen und Kinder. Viele von ihnen sind traumatisiert, unterernährt und auf sofortige humanitäre Hilfe angewiesen. Wir haben unsere Hilfekapazitäten vor Ort bereits vervielfacht.

6. AUGUST 2021
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