Im Jahr 2013 spielten Kinder in den Straßen von Gaza – heute liegen überall nur noch Trümmer.

Petition zu Waffenruhe in Gaza: Fragen und Antworten

Was passierte am 7. Oktober 2023?

Palästinensische bewaffnete Gruppen in Gaza feuerten am 7. Oktober 2023 tausende Raketen auf Israel ab und überwanden die Grenzmauer. Die Gruppen drangen in israelische Städte, Dörfer und Militäranlagen ein und misshandelten und töteten Soldat*innen und Zivilist*innen. Insgesamt kamen rund 1.500 Menschen ums Leben und rund 3.000 wurden verletzt. Außerdem verschleppten die bewaffneten Gruppen mehr als 200 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen.¹ Rund die Hälfte von ihnen ist immer noch nicht befreit.  

Israel erklärte daraufhin den Kriegszustand und begann, den Gazastreifen zu bombardieren. Die Regierung erklärte eine vollständige Blockade des Gaza-Gebiets und verbot die Einfuhr von Strom, Treibstoff, Wasser und Nahrungsmitteln. Über eine Million Menschen mussten vor den Luftangriffen im Norden fliehen. Die UN bezeichnete die erzwungene Flucht als „Todesurteil“. Die Siedlungen im Norden sind inzwischen fast vollständig zerstört, während sich fast die gesamte Bevölkerung in notdürftigen Behausungen im Süden aufhält. Der Konflikt ist seitdem immer weiter eskaliert. 

Wie geht es den Menschen im Gazastreifen?

Die humanitäre Lage ist katastrophal: 85 Prozent der Menschen mussten aus ihren Häusern fliehen² und leben in Geflüchtetenlagern unter schlimmsten hygienischen Bedingungen. Oft gibt es nur eine Latrine für 500 Menschen beziehungsweise nur eine Dusche für 2.000 Menschen. Die Familien haben zu wenig Wasser zum Waschen und Trinken. Dadurch breiten sich Krankheiten und Ungeziefer wie Durchfall, Krätze, Hepatitis B, Gelbsucht, Hautausschläge, Läuse und Windpocken aus. Vor allem für Kinder ist das lebensgefährlich. Gleichzeitig ist die Gesundheitsversorgung quasi zusammengebrochen, es fehlt an Medikamenten und es sind nur noch einzelne Krankenhäuser im Notbetrieb.

Die zwei Millionen Menschen in Gaza befinden sich in unvorstellbarer Not: Die Wasser- und Stromversorgung sind zusammengebrochen und es gibt zu wenig Treibstoff, um ausreichend Hilfsgüter an betroffene Menschen zu verteilen. Zudem kommen nicht genügend Nahrungsmittel und Güter des täglichen Bedarfs in das Gebiet, die Märkte und Supermärkte sind vielerorts leergefegt und viele Gebiete sind wegen der Kämpfe und des Mangels an Transportmitteln von der Außenwelt abgeschnitten.  

Bildungsmöglichkeiten gibt es seit Oktober faktisch nicht mehr, weil Schulen nicht mehr funktionstüchtig sind und die Bevölkerung kontinuierlich auf der Flucht ist. Damit wird riskiert, dass die Zukunft einer ganzen Generation verloren geht, weil sie keinen Zugang zu Bildung bekommen.  

Die zivilen Opfer sind zudem gigantisch. Derzeit sterben in Gaza täglich mehr Menschen als in jedem anderen großen Konflikt des 21. Jahrhunderts. Der anhaltende Beschuss hat ganze Familien unter den Trümmern begraben. Laut dem Gesundheitsministerium in Gaza sind bis Mitte Februar mindestens 28.500 Menschen umgekommen.³

Müssen die Menschen in Gaza hungern?

Mindestens die Hälfte der rund 2 Millionen Menschen im Gazastreifen steht kurz vor einer Hungersnot. Schon vor dem Krieg waren hunderte Lastwagen voller Hilfsgüter pro Tag nötig, um das Überleben der Menschen zu sichern – aktuell gelangt nur ein Bruchteil davon in den Gazastreifen. Viele Familien müssen tagelang Mahlzeiten ausfallen lassen und hungern – Kinder sind am schlimmsten betroffen.

Je länger die Situation andauert, desto mehr steigt die Gefahr, dass Kinder, Frauen und Männer an akuter Mangelernährung erkranken und in den schlimmsten Fällen sogar sterben. Bei Kindern unter fünf Jahren kann Mangelernährung lebenslange Schäden verursachen.  

Vor dem 7. Oktober gab es in Gaza so gut wie keine akute Unterernährung. Die Vereinten Nationen sagen jedoch voraus, dass die akute Unterernährung von Kindern im Gazastreifen in den kommenden Monaten um zunehmen wird. 

Gelangt genügend humanitäre Hilfe in den Gazastreifen?

Nein. Die Anzahl der Lastwagen mit Hilfsgütern, die momentan die Grenze passieren, sind ein Tropfen auf einen heißen Stein. Die Möglichkeiten für humanitäre Organisationen, den notleidenden Menschen Unterstützung zu bieten, werden immer schlechter. Die nördlichen Gebiete sind fast gar nicht mehr erreichbar. Im Süden, wohin die meisten Menschen geflohen sind, ist die Lage ebenfalls katastrophal. Es gibt zu wenig Nahrungsmittel, Wasser, Hygieneartikel und Latrinen für die Menschen. Die Not wird immer größer. 

Warum fordert Aktion gegen den Hunger eine humanitäre Waffenruhe?

Aktion gegen den Hunger ist zutiefst besorgt über die enormen Verluste an Menschenleben in Gaza, insbesondere unter Frauen und Kindern. Wir fordern eine sofortige und dauerhafte Waffenruhe – nur so kann ein sicherer und ausreichender humanitärer Zugang zu den bedürftigen Menschen in Gaza gewährleistet werden. Gleichzeitig sind wir weiterhin sehr besorgt über die Lage der israelischen Geiseln und fordern dringend ihre sofortige und bedingungslose Freilassung.  

Wie hilft Aktion gegen den Hunger im Gazastreifen?

Aktion gegen den Hunger ist seit 2005 im Gazastreifen tätig. Obwohl unser lokales Team selbst unmittelbar von der Situation betroffen ist, sind die Kolleg*innen unerschütterlich im Einsatz. Das ist nicht selbstverständlich, denn auch unsere Kolleg*innen wurden aus ihren Häusern vertrieben, bangen um die Sicherheit ihrer Familien und müssen jeden Tag schauen, wie sie Essen und sauberes Wasser auftreiben. Und doch tun sie alles Menschenmögliche, um möglichst viele Menschen zu versorgen und weitere Hilfsgüter und Lebensmittel zu organisieren. Teammitglieder berichten uns beispielsweise, dass sie selbst jeden Morgen mit dem ihnen zur Verfügung stehenden Mehl Brot backen, um dieses zu verteilen.

  • Unsere Hauptaktivitäten im Gazastreifen umfassen:
  • Ausgabe von sauberem Trinkwasser und Hygieneartikeln wie Windeln und Seife
  • Verteilung von Lebensmitteln, frischem Obst und Gemüse  
  • Bereitstellung von Decken, Matratzen und Baumaterial für notdürftige Hütten
  • Bau von mobilen Latrinen in Geflüchtetencamps und Krankenhäusern
  • Unterstützung von Familien mit Bargeldhilfen
  • Angebote für psychosoziale Unterstützung 
Warum hilft Aktion gegen den Hunger Menschen im Gazastreifen und nicht in Israel?

Aktion gegen den Hunger ist eine humanitäre Organisation, die nach den Grundsätzen der Unparteilichkeit, Neutralität und Unabhängigkeit arbeitet. Wir unterstützen dort Menschen, wo die Not am größten ist und die staatlichen Strukturen nicht ausreichen, um alle Menschen zu versorgen. 

Was tut Aktion gegen den Hunger im Westjordanland?

Aktion gegen den Hunger ist seit 2002 im Westjordanland aktiv und unterstützt die Menschen dort in den Bereichen Wasser, Sanitär und Hygiene, Ernährungssicherheit und wirtschaftliche Entwicklung. Die Menschen dort brauchen weiterhin humanitäre Unterstützung. Die Bevölkerung ist mit Bewegungseinschränkungen und Abriegelungen konfrontiert. Viele Menschen müssen fliehen, Gewalt und Unsicherheit nehmen zu. Dadurch haben viele Menschen keinen Zugang zu ihren Jobs, Supermärkten und grundlegender Gesundheitsversorgung. Aktion gegen den Hunger unterstützt die Betroffenen mit Trinkwasser und Lebensmitteln, Notunterkünften und Waren des alltäglichen Gebrauchs. 

Warum nennt ihr in eurem Appell nicht die „Hamas“? Würdet ihr sie als terroristische Organisation einstufen?

Aktion gegen den Hunger verurteilt wahllose Gewalttaten, die Terror unter der Zivilbevölkerung verbreiten. Es ist jedoch nicht unser Mandat, Handlungen als „Terrorismus“ zu bewerten. Wir konzentrieren uns stets auf unsere Kernaufgabe: die am meisten gefährdeten Menschen mit humanitärer Hilfe zu unterstützen. 

Wie steht Aktion gegen den Hunger zu der Klage Südafrikas vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH)?

Wir sind eine humanitäre Organisation und die Grundsätze der Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit sind von grundlegender Bedeutung für unsere Arbeit. Aus diesem Grund verurteilen wir jegliche Gewalt gegen Zivilist*innen und stellen den Schutz der Zivilbevölkerung an erste Stelle.  

Eine juristische Bewertung des Konflikts gehört nicht zu unserem Mandat und unseren Kompetenzen. Daher überlassen wir ein solches Urteil Expert*innen und juristischen Instanzen mit nachgewiesener Fachkenntnis. In Situationen wie Gaza konzentrieren wir uns auf unser Mandat und leisten Nothilfe für die am meisten gefährdeten Menschen. Die Priorität unserer Organisation besteht darin, einen sicheren, dauerhaften und ausreichenden Zugang zur notleidenden Bevölkerung zu erhalten und humanitäre Hilfe bereitzustellen. 

Wie steht Aktion gegen den Hunger zum UNRWA Vorfall?

Als humanitäre Organisation, die vor Ort tätig ist und die Notlage vor Ort beobachtet, fordern wir weiterhin, dass mehr Hilfe nach Gaza gelangt – nicht weniger. Am 26. Januar wies der Internationale Gerichtshof (IGH) die Staats- und Regierungschef*innen der Welt an, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die humanitäre Hilfe für den Gazastreifen zu erhöhen.  

Die Entscheidung von mehr als einem Dutzend Ländern, die Finanzierung des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) vorübergehend einzustellen, bedeutet weniger Nahrungsmittel, Wasser und Unterkünfte für die Vertriebenen in Gaza. Die meisten Menschen im Gazastreifen leiden derzeit unter akutem Hunger.  

Uns ist bekannt, dass das UNRWA rasch Maßnahmen gegen die beschuldigten Personen ergriffen, ihre Verträge gekündigt und eine interne Untersuchung eingeleitet hat. Wir fordern alle Geberregierungen und die übrige internationale Gemeinschaft auf, alles in ihrer Macht stehende zu tun, dass die humanitären Programme nicht während der laufenden Verhandlungen unterbrochen werden. Das humanitäre Umfeld im Gazastreifen ist bereits eine große Herausforderung, und die dort tätigen NGOs ergänzen die vom UNRWA durchgeführten Maßnahmen. Der Bedarf ist aber so groß, dass wir einen Ausfall der UNRWA-Aktivitäten jedoch nicht ersetzen könnten. Jede mögliche Unterbrechung oder Verzögerung bei der Bereitstellung wichtiger humanitärer Hilfe für die vertriebenen Familien wird die ohnehin schon schwierige humanitäre Lage weiter verschlimmern – mit verheerenden Folgen. 

Was bringt meine Unterschrift?

Mit deiner Unterschrift erhöhst du den Druck auf Olaf Scholz und Annalena Baerbock, sich für eine humanitäre Waffenruhe in Gaza einzusetzen. Je mehr internationale Regierungen und andere Akteur*innen darauf hinwirken, dass es zu einer nachhaltigen Feuerpause kommt, desto wahrscheinlicher gelingt deren Umsetzung. Es gibt keine Zeit zu verlieren: Die Menschen in Gaza sind in größter Not. Damit nicht noch mehr Menschen sterben, muss die Waffenruhe so bald wie möglich umgesetzt werden. Erzähl deswegen auch deinen Freund*innen von dem Appell und bitte sie zu unterzeichnen – denn je mehr Menschen unterschreiben, desto mehr Gewicht hat unsere Forderung! 

Ich möchte darüber hinaus helfen. Was kann ich tun?

Unsere Nothilfeteams gehen dorthin, wo die Not am größten ist: in Kriegs- und Krisengebiete, zu Menschen, die unter Naturkatastrophen und dem Klimawandel leiden und die in schlimmer Armut leben. Mit unseren Hilfsprogrammen in 55 Ländern helfen wir Familien in Not und behandeln Kinder, die an Mangelernährung leiden. Um auch weiterhin vor Ort Hilfe leisten zu können, sind wir dringend auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Hilf uns dabei, Kindern, Frauen und Männern weltweit in Notsituationen zur Seite zu stehen und uns gegen den Hunger einzusetzen – mit deiner Online-Spende!

¹ Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg https://www.lpb-bw.de/nahostkonflikt 

² Was nutzen wir hier für eine Quelle? In diesem OCHA-Update von Mitte Februar sind es 75 % https://reliefweb.int/report/occupied-palestinian-territory/hostilities-gaza-strip-and-israel-reported-impact-14-february-2024

³ Quelle Reliefweb OCHA Flash Update #118 https://reliefweb.int/report/occupied-palestinian-territory/hostilities-gaza-strip-and-israel-flash-update-118-enarhe 

 

(Stand: 1. März 2024)

29. APRIL 2024
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