Junge im Jemen schmiegt sich an seinen Vater an

Jemen: Kampfhandlungen verschlechtern die prekäre humanitäre Situation

Pressemitteilung vom: 18.01.2024

Die jüngsten Luftangriffe der Vereinigten Staaten und Großbritanniens auf die von den Huthis kontrollierten Gebiete im Jemen, darunter die Hauptstadt Sana'a und die Hafenstadt Hodeida, gefährden die Arbeit von humanitären Organisationen vor Ort. Die Operation wurde als Reaktion auf die mehrwöchigen Angriffe der Huthis auf Handelsschiffe aus mit Israel verbündeten Ländern im Roten Meer durchgeführt. Aktion gegen den Hunger befürchtet, dass eine weitere Eskalation der Gewalt die bereits prekäre humanitäre Situation im Jemen dramatisch verschlechtert.

Jemen: Drei Viertel der Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen

21,6 Millionen Menschen im Jemen benötigten 2023 humanitäre Hilfe, das sind 75 Prozent der gesamten Bevölkerung. Wirtschaftlicher Abschwung und fehlende Einkommen, die Abwertung der Währung, Treibstoffknappheit und der Anstieg der Preise für importierte Lebensmittel haben dazu geführt, dass sich ein großer Teil der jemenitischen Bevölkerung die Grundbedürfnisse zum Überleben nicht leisten kann. Eine Eskalation des aktuellen Konflikts könnte die Lebensbedingungen der Zivilbevölkerung dramatisch verschlechtern, insbesondere die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten.  

„Der Jemen ist fast vollständig von Lebensmittel- und Medikamentenimporten abhängig, die größtenteils über die Häfen von Hodeida und Aden transportiert werden“, erklärt Anne Garella, Einsatzleiterin von Aktion gegen den Hunger im Nahen Osten. „Angesichts der zunehmenden Spannungen am Roten Meer wird es für die humanitären Organisationen jedoch immer schwieriger, überlebenswichtige Medikamente einzuführen. Innerhalb weniger Wochen haben sich die Lieferkosten mehr als verdoppelt. Wir haben praktisch keine Medikamente mehr vorrätig. Angesichts der aktuellen Lage wissen wir nicht, ob wir unsere Vorräte schnell wieder auffüllen können. Die Folgen könnten dramatisch sein, denn im Jemen sind rund 20 Millionen Menschen auf medizinische Hilfe angewiesen.“  

Millionen Frauen und Kinder von Hunger betroffen

Wenn die Nahrungsmittelversorgung sich weiter verschlechtert, steigt das Hungerrisiko für die gesamte Bevölkerung. 2023 waren 17 Millionen Menschen von Ernährungsunsicherheit betroffen. Jemen hat eine der höchsten Mangelernährungsraten von Frauen und Kindern weltweit: 1,3 Millionen schwangere oder stillende Frauen und 2,2 Millionen Kinder unter 5 Jahren müssen wegen akuter Mangelernährung behandelt werden.

Trotz des immensen Bedarfs ist die humanitäre Hilfe im Jemen nach wie vor unterfinanziert. Im Dezember 2023 kündigte das Welternährungsprogramm (WFP) aufgrund des Rückgangs der internationalen Finanzmittel eine „Pause“ der Hilfsprogramme für allgemeine Nahrungsmittelhilfe an. Das hat Auswirkungen auf 9,5 Millionen Menschen im Nordjemen, die von Hunger betroffen sind. Der Anstieg der Transport- und Versicherungskosten im Zusammenhang mit der instabilen Lage im Roten Meer hat direkte Auswirkungen auf die humanitären Hilfsprogramme, da dadurch weniger Geld und Hilfsgüter direkt bei den Menschen ankommen.  

Darüber hinaus behindern nach wie vor zahlreiche Beschränkungen und bürokratische Hindernisse den schnellen und sicheren Zugang der humanitären Hilfe im Jemen, insbesondere in entlegenen Gebieten. Seit den Angriffen der Vereinigten Staaten und Großbritanniens am 12. und 13. Januar mussten viele humanitäre Organisationen ihre Tätigkeit aus Sicherheitsgründen einschränken.

„Im Oktober 2022 hat ein vielversprechender Dialog zwischen den Konfliktparteien im Jemen begonnen, der zu einer Verringerung der Kämpfe führte. Dadurch konnten unsere Teams viel sicherer arbeiten und humanitäre Hilfe für die betroffenen Menschen leisten. Die jüngsten Ereignisse lassen uns befürchten, dass diese Ruhe nur von kurzer Dauer sein wird“, fügt Garella hinzu.

Über Aktion gegen den Hunger im Jemen

Aktion gegen den Hunger ist seit 2013 im Jemen aktiv. Unser Team unterstützt gefährdete Bevölkerungsgruppen mit Nahrungsmittelhilfe und Ernährungsberatung. Außerdem verbessern wir in unseren Gesundheitszentren und durch die mobilen Kliniken den Zugang zur medizinischen Grundversorgung. Bei Kindern sowie schwangeren und stillenden Frauen führen wir Impfprogramme durch und bieten die Diagnose und Behandlung von Mangelernährung an. Für Frauen kommt die Beratung zur reproduktiven Gesundheit dazu.

Darüber hinaus verbessert Aktion gegen den Hunger die Infrastruktur des Gesundheitswesens und die Systeme zur Entsorgung medizinischer Abfälle. Wir unterstützen den Bau von kommunalen Wasserquellen, um den Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen für gefährdete Gemeinden zu gewährleisten. Um den Zugang zu Trinkwasser zu verbessern, konzentriert sich Aktion gegen den Hunger auf den Bau solarbetriebener Wasserversorgungssysteme in Gesundheitseinrichtungen und Gemeinden.

Außerdem bieten unsere Teams Beratungen zur psychischen Gesundheit und psychosoziale Unterstützung für Menschen an, die multiplen Gewalterfahrungen, Traumata und Stress ausgesetzt sind. Besonders für Eltern bieten wir besondere Kurse an, um sie in der Erziehung und der täglichen Belastung unterstützen.

Aktuell hat die Bundesregierung Waffenexporte nach Saudi-Arabien genehmigt – und bricht mit der im Koalitionsvertrag festgelegten Richtlinie für Rüstungsexporte. Bisher galt ein Waffenembargo an Parteien, die unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind.  

Aktion gegen den Hunger hat von 2019-2022 die Kampagne „Jemen: Waffenexporte stoppen, Hunger beenden“ durchgeführt und die Bundesregierung aufgefordert, keine Rüstungsgüter an die Jemen-Kriegsparteien zu liefern, denn im Jemen ist der Hunger eine direkte Folge des Krieges. 52.000 Menschen haben die Petition unterschrieben, die 2022 an Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz Sven Giegold übergeben wurde.  

14. FEBRUAR 2024
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