Wirbelstürme zerstören Ernten und zwingen Menschen zu hungern. Mendrika Tissias Tochter Cecilia bekommt ein Nahrungsergänzungsmittel, um wieder zu Kräften zu kommen

Madagaskar: Das Leben neu erfinden nach den Wirbelstürmen

Im Februar 2022 trafen zwei Wirbelstürme den Südosten Madagaskars mit voller Wucht. Batsirai und Emnati zogen eine Schneise der Verwüstung durch das Land: Häuser und Felder wurden zerstört – die Ernährungssicherheit der Menschen auf der Insel hat sich seitdem dramatisch verschlechtert. Doch sie geben nicht auf – sondern schauen nach vorne und bauen sich nach und nach ein neues Leben auf.  

Madagaskar und die Wirbelstürme: Von der Nothilfe zum Wiederaufbau  

Innerhalb kürzester Zeit schickte Aktion gegen den Hunger Nothilfeteams in die betroffenen Regionen Madagaskars, die sowohl dringend benötigte Lebensmittel mitbrachten, aber auch beim Aufräumen halfen und mit Notunterkünften, transportablen Toiletten und Waschstationen sowie frischem Trinkwasser jene Familien unterstützten, die alles verloren hatten.  

Mit der Zeit aber zeigte sich, dass all das nicht reicht. Die humanitäre Hilfsorganisation beschloss daher, ein Team in Fitovinany im Bezirk Manakara dauerhaft zu stationieren, um die weiter wachsenden humanitären Bedarfe zu decken. Denn die Herausforderungen reißen nicht ab.  

Enorme Herausforderungen bei der Erreichbarkeit 

Nur zehn Kilometer trennen das Dorf Ambodiharamy vom nächstgelegenen Gesundheitszentrum. Doch die Wege sind für Autos und andere motorisierte Fahrzeuge noch immer kaum passierbar. Aus diesem Grund sind mobile Gesundheits- und Ernährungsteams von Aktion gegen den Hunger unterwegs: Sie laufen durch hüfthohe Flüsse, um auch entlegene Gebiete zu erreichen, in denen die Menschen noch immer mit den Auswirkungen der Wirbelstürme kämpfen und in denen vor allem die Kinder an Hunger leiden.

„Nach dem Durchzug der Zyklone Batsirai und Emnati im vergangenen Jahr kam es in der Region Fitovinany zu einer Verschlechterung der Ernährungssituation. Im Dezember 2022 haben Teams von Aktion gegen den Hunger eine Art Massenuntersuchung durchgeführt. Der ganze Distrikt Manakara wurde daraufhin als Alarmgebiet eingestuft.“

Jean Pierre Randrianarivo, Leiter des Programms für gesunde Ernährung von Aktion gegen den Hunger in Manakara

„Der fehlende Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen ist die größte Herausforderung für die Menschen in dieser Region“, erklärt Dr. Zéphyrin Ngezahayo, Koordinator von Aktion gegen den Hunger in Manakara. „Nur 34 Prozent der Gesundheitszentren in der Region sind mit dem Auto erreichbar, 19 Prozent können nur zu Fuß angesteuert werden. Die großen Entfernungen zu den Gesundheitszentren halten Familien davon ab, sich behandeln zu lassen oder ihre Behandlung fortzusetzen.“ Vor allem während der Regenzeit trauen sich viele Familien nicht auf den langen Weg, selbst wenn sie medizinische Hilfe benötigen. Nun können Ärztinnen und Ärzte sowie Gesundheitshelfer*innen und Ernährungsexpert*innen direkt zu ihnen kommen. 

Hunger erfolgreich bekämpfen in abgelegenen Dörfern

Im Distrikt Manakara werden fünf mobile Teams eingesetzt, die in 20 Dörfern in insgesamt acht Gemeinden tätig sind. „Zu einem Team gehören Krankenschwestern, die Kinder im Alter von 0 bis 9 Monaten untersuchen und sie behandeln sowie ein*e Helfer*in, der/die die Situation vor Ort untersucht und ein*e Mitarbeiter*in mit Schwerpunkt psychosoziale Hilfe, um insbesondere die Mütter mangelernährter Kinder zu betreuen”, erklärt Jean Pierre Randrianarivo.  
 
Marie-Clarisse ist auf eines dieser Teams aufmerksam geworden. Die 28-Jährige ist Mutter von fünf Kindern. Als Landwirtin hat sie durch die Zyklone alles verloren: Ihre Ernten wurden zerstört und sie musste mit ihrer Familie Unterschlupf in einer Notunterkunft suchen.  

Sie hat ihren vierjährigen Sohn Bienvenu dabei, der ihr große Sorgen bereitet. Sie weiß auch genau, was mit ihm nicht stimmt: „Mein Sohn leidet an Mangelernährung. Er war wirklich sehr klein“, erklärt sie. „Der Zyklon hat uns sehr getroffen, er hat die Häuser und die Ernte zerstört, so dass ich meinen Kindern lange Zeit nicht mehr genug zu Essen geben konnte. Wir mussten zwischendurch sogar Wildpflanzen essen. Das Problem ist aber, dass viele davon, zum Beispiel Pikopiko, Hofika und Veoveo, leicht giftig sind. Den Kindern hat das gar nicht gut getan.“ Besonders Bienvenus kleiner Körper kam mit dem wenigen und schlechten Essen nicht gut klar. Er brauchte dringend Hilfe, die er nun bekommt.

Marie Clarisse und ihre Kinder leben in Madagaskar und spüren die Auswirkungen der Klimakrise am eigenen Leib.
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Marie Clarisse und ihre Kinder leben in Madagaskar und spüren die Auswirkungen der Klimakrise am eigenen Leib.

Behandlung von schwerer akuter Mangelernährung mit Komplikationen 

Kinder wie Bienvenu werden von den mobilen Teams meist ohne Umschweife in spezielle Zentren geschickt, die in den Distriktkrankenhäusern aufgebaut wurden. Nach den Wirbelstürmen schaffte es Aktion gegen den Hunger, mehr speziell ausgebildetes Personal für diese Zentren zu aquirieren. Wir schulen neue Mitarbeitende, bauen die Kapazitäten der Zentren aus und stellen medizinische Ausrüstung und Material bereit.  

Die mobilen Teams unterstützen beim Transport der schwer mangelernährten Kinder mit Komplikationen. Eine Begleitperson – etwa die Mutter – darf mitkommen und erhält währenddessen selbst lebensrettende Informationen für die Zukunft der Familie.  

Marie-Clarisse etwa hat viel über ausgewogene Ernährung gelernt – und weiß als Landwirtin nun, wie sie die veränderten Umstände auf ihrem Feld nutzen kann. Ein neues Set Ackergeräte sowie genügend Saatgut für verschiedene Nutzpflanzen, denen auch extremeres Klima wenig anhaben kann, helfen ihr dabei. So kann sie Bienvenu und ihre anderen Kinder gut ernähren und sich gleichzeitig eine neue Lebensgrundlage aufbauen, indem sie das Gemüse und Getreide verkauft, das die Familie nicht selbst benötigt.  

7. SEPTEMBER 2023
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