Loko aus Äthiopien steht mit ihrem Baby im Arm auf dem durch Dürre zerstörten Maisfeld.

Hunger Hotspots: Das sind die Länder mit den meisten hungernden Menschen

Was ist eigentlich Ernährungsunsicherheit? Der Begriff beschreibt – ganz grob gesagt – die Situation, nicht zu wissen, ob und was man am nächsten Tag an Nahrung zur Verfügung hat. Menschen, die von Ernährungsunsicherheit betroffen sind, können nicht einfach den Kühlschrank aufmachen und sich etwas kochen. Sie können auch nicht in den nächsten Supermarkt gehen und sich Brot, Obst und Co kaufen. Ob am nächsten Tag etwas zu Essen den Hunger stillen kann, ist ungewiss. 

Hunger Hotspots: Wie Krisen, Klima und Preise Menschenleben bedrohen 

So wird es im Jahr 2024 voraussichtlich hunderten Millionen Menschen weltweit gehen. Betroffen sind vor allem Länder des globalen Südens – insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent –, in denen Klima-Extreme Ernten ausfallen lassen sowie Kriege und Konflikte Import sowie eigene Versorgung erschweren und Menschen vertreiben. Die Folge: Märkte vor Ort müssen schließen, haben nicht genug Waren und die Preise für Nahrungsmittel steigen horrend an.  

Das World Food Programme (WFP) hat zusammen mit der FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations) allein für Juni bis Oktober 2024 insgesamt 18 Länder identifiziert, die in diesem Zeitraum besonders stark von Ernährungsunsicherheit betroffen sein werden: sogenannte Hunger Hotspots. 

Diese 18 Länder und Regionen sind 2024 besonders betroffen 

Besonders hart trifft es in diesem Jahr die Menschen in den besetzten palästinensischen Gebieten (insbesondere im Gazastreifen), im Sudan und Südsudan, Mali und Haiti. In diesen fünf Regionen ist die Lage besonders besorgniserregend. Doch auch in Syrien, im Jemen, Myanmar, der Demokratischen Republik Kongo, im Tschad, Sierra Leone, Burkina Faso, in der Zentralafrikanischen Republik, Libanon, Nigeria, Somalia und Äthiopien sowie der gesamten Region um Malawi, Mosambik, Sambia und Simbabwe ist die Ernährungssituation kritisch. 

In allen diesen Ländern und Regionen gibt es Gegenden, in denen Menschen entweder schon jetzt oder in naher Zukunft kurz vor dem Verhungern stehen. Die IPC-Klassifikation – die IPC ist die internationale fünfstufige Krisenskala – liegt hier in Phase 5. Das bedeutet: Die Menschen in den betroffenen Gebieten sind von Hungersnot bedroht und die akute Unterernährung wird als extrem kritisch angesehen.  

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Konflikte und Klimakrise treiben den Hunger 

Die Gründe für Hunger sind vielfältig. Konflikte, insbesondere Angriffe auf die Zivilbevölkerung, sind nach wie vor die Hauptursache für den Hunger in der Welt. Der ohnehin schon eingeschränkte Zugang zu Nahrungsmitteln in einem von Krieg geschüttelten Land verschlechtert sich durch die Störung der globalen Märkte noch weiter. Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen, müssen auch ihr Land und die Möglichkeit, ihre eigenen Nahrungsmittel anzubauen, zurücklassen. Durch Konflikte und Kriege hervorgerufene Hungerkrisen werden vor allem im Gazastreifen, im Sudan sowie im Südsudan, Haiti und Mali erwartet.

Doch auch der Einfluss von klimatischen Extremen treibt die Ernährungsunsicherheit vielerorts hoch. Längst ist der Klimawandel bittere tägliche Realität für Menschen rund um den Globus. El Niño, ein Klimamuster, das die ungewöhnliche Erwärmung des Oberflächenwassers im Pazifischen Ozean beschreibt – erreichte seinen Höhepunkt im September 2023 und hat bis heute negative Auswirkungen in Südostasien und Lateinamerika.

Sichtbar werden die Auswirkungen besonders stark in Ostafrika, wo vielerorts nun schwere Überflutungen auf eine jahrelange Dürre folgen, während vielerorts noch immer Millionen Menschen auf der Suche nach Wasser sind. In Somalia fliehen hundertausende Familien vor der seit Jahren anhaltenden Trockenheit, die Situation in Geflüchtetencamps ist prekär. In Madagaskar gehört die Klimakrise erschreckenderweise zum Alltag

Eine Frau trägt ihr Kind durch eine von Angriffen zerstörte Straße in Gaza Stadt, im Hintergrund weitere Menschen.
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Immer wieder kommt es in Gaza zu Angriffen, so dass die meisten Familien bereits mehrfach flüchten mussten. Kein Ort in Gaza ist mehr sicher. 

Besetzte palästinensische Gebiete

Mehr als eine Million Menschen – die Hälfte der Bevölkerung des Gazastreifens – werden voraussichtlich bis Mitte Juli von Hunger und Tod bedroht sein. Der anhaltende Konflikt richtet im Gazastreifen verheerende Schäden an: Er fordert eine große Zahl von Opfern und führt immer wieder zur Vertreibung unzähliger Menschen aus ihren Unterkünften.

Die fast vollständige Blockade des Gazastreifens verhindert, dass lebenswichtige Nahrungsmittel, Treibstoff und Wasser ins Land gelangen. Eine Hungersnot ist eine unmittelbare Bedrohung.

Die Arbeit von Aktion gegen den Hunger in den besetzten palästinensischen Gebieten

Wir arbeiten seit 2005 im Gazastreifen und seit 2002 im Westjordanland, so dass wir Anfang Oktober sofort mit unserer Arbeit beginnen konnten. Seitdem haben wir über 837.000 Menschen erreicht, davon über 709.000 durch Wasser-, Sanitär- und Hygieneprogramme (WASH).

Unsere Programme in den besetzten palästinensischen Gebieten umfassen

  • Bereitstellung von sauberem Wasser, sicheren Toiletten und guter Hygiene – auch in Gesundheitseinrichtungen.
  • Verteilen von Lebensmittelpaketen und Bereitstellung von Bargeld, damit die Menschen kaufen können, was sie brauchen.
  • Unterstützung bei der Weiterführung von Arbeit, vor allem wirtschaftliches Empowerment für Frauen und junge Menschen.

In Gaza arbeiten unsere Nothilfeteams auch jetzt unermüdlich weiter, um:

  • warme Mahlzeiten und Hygienepakete zu verteilen.
  • Mütter und Säuglinge mit Lebensmitteln und wichtiger Nahrungsergänzung zu unterstützen.
  • sauberes Wasser bereitzustellen.
  • Notunterkünfte für flüchtende Familien bereitzustellen.
Eine Frau aus dem Südsudan steht in den Fluten und trägt ihr kleines Kind in einer grünen Wanne über dem Kopf
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Die Überschwemmungen im Südsudan stellen Familien vor große Herausforderungen.

Sudan

Die verheerenden Auswirkungen des Konflikts sind im Sudan weiterhin zu spüren. Seit der Eskalation der Auseinandersetzungen im April 2023 sind 6,8 Millionen Menschen aus ihren Häusern geflohen. 1,8 Millionen Menschen haben den Sudan verlassen und sind in die Nachbarländer geflüchtet. Seit Januar 2024 sind die Kämpfe in mehreren Bundesstaaten weiter eskaliert.

Schäden, Plünderungen und die Zerstörung wichtiger Infrastrukturen haben die Produktion und Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln beeinträchtigt und die ohnehin schon gefährliche Hungerkrise weiter verschärft.  Der Sudan ist zunehmend von Nahrungsmittelimporten abhängig, doch die Krise am Roten Meer hat zu steigenden Kosten und einer geringeren Verfügbarkeit geführt. All dies bedeutet, dass sich die Nahrungsmittelkrise rasch verschärft hat.

Rund 17,7 Millionen Menschen wissen nicht, woher ihre nächste Mahlzeit kommt. Es wird erwartet, dass 3,7 Millionen Kinder akut unterernährt sind – ein Anstieg von 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Südsudan 

Zwischen April und Juli 2024 wird für 79.000 Menschen im Südsudan ein katastrophales Ausmaß an akuter Ernährungsunsicherheit vorhergesagt – das sind fast doppelt so viele Menschen wie im gleichen Zeitraum des Jahres 2023.

Bis Juni 2024 werden voraussichtlich über 1,6 Millionen Kinder unter 5 Jahren und 870.000 schwangere und stillende Frauen akut unterernährt sein.

Hinzu kommt der anhaltende Zuzug an Flüchtenden: Bis Ende des Jahres werden voraussichtlich rund 820.000 Menschen in den Südsudan einreisen. Darunter befinden sich 447.000 Südsudanes*innen, die aus dem Sudan in ihre Heimat zurückkehren. Bereits jetzt haben die bestehenden Gemeinschaften aufgrund der unzureichenden Nahrungsmittelproduktion und der hohen Preise Schwierigkeiten, genügend Nahrungsmittel zum Überleben zu finden. Es wird erwartet, dass der Mangel an Ressourcen zur Unterstützung der steigenden Zahl von Rückkehrer*innen aus dem Sudan die Ernährungsunsicherheit im Südsudan noch verstärken wird. 

Hinzu kommt, dass die Auswirkungen der schweren Überschwemmungen der vergangenen Jahre noch immer zu spüren sind. 

Die Arbeit von Aktion gegen den Hunger im Südsudan

Aktion gegen den Hunger ist vielerorts im Südsudan die einzige Hilfsorganisation, die in entlegenen Gebieten lebensrettende Gesundheits- und Ernährungsdienste anbietet. Wir haben mehr als 5.000 Bauern mit Schulungen und Werkzeugen für den Anbau nahrhafter Pflanzen unterstützt und behandeln weiterhin Kinder sowie schwangere und stillende Frauen wegen Unterernährung. Außerdem verteilen wir lebenswichtige Lebensmittelkörbe an Familien, die von Überschwemmungen betroffen sind, und sorgen für Zugang zu sauberem Wasser, guter Hygiene und sicheren Toiletten.

Jemen 

Die anhaltende Wirtschaftskrise zieht den Jemen immer mehr in eine Abwärtsspirale und wird die akute Ernährungsunsicherheit voraussichtlich weiter verschärfen. Verschlimmert wird die Lage durch die Feindseligkeiten am Roten Meer, die die Sicherheitslage verschlechtern. Durch den Konflikt steigen die Kosten für Grundnahrungsmittel weiter an, während die Zivilbevölkerung nur schwer Arbeit finden und somit nur schlecht verdienen kann. Der Jemen ist zu 90 Prozent von Importen abhängig, um seinen heimischen Nahrungsmittelbedarf zu decken. Doch eine an Wert verlierende Währung und die Situation der Bevölkerung machen es dieser schwierig, sich ausreichend versorgen zu können. Sehr hohe Zugangsbeschränkungen sind nach wie vor ein Haupthindernis für humanitäre Maßnahmen. Darüber hinaus ist die humanitäre Hilfe zunehmend knapp und unvorhersehbar geworden, weil nur ein Bruchteil der benötigten Mittel finanziert werden. Rund um Sana'a musste die Ernährungshilfe sogar ganz ausgesetzt werden. 

Hinzu kommen überdurchschnittliche Regenfälle, die für Juni bis August erwartet werden und zu Hochwasser führen könnten. 

Zwischen Oktober 2023 und Februar 2024 befanden sich rund 4,6 Millionen Menschen – das sind rund 45 Prozent der Bevölkerung – in einer Ernährungskrise (IPC-Phase 3 oder höher). Das ist eine erhebliche Verschlechterung zum Vorjahr. Man geht davon aus, dass bis zu 18 Millionen Menschen bis Oktober 2024 mit einem hohen Maß an akuter Ernährungssicherheit konfrontiert sein werden. Die Mangelernährung bei Kindern wird voraussichtlich ebenfalls voranschreiten und um rund 9 Prozent auf 2,4 Millionen Kinder ansteigen. 

Jetzt helfen

Eine Frau mit Kind in einem Geflüchtetenlager in Mali.
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Diese Frau und ihr Kind leben in einem Geflüchtetenlager in Mali. Sie gehören zu den vielen Menschen, die vor Gewalt fliehen und nun unter prekären Bedingungen leben. Teilweise werden diese Lager rund um Mülldeponien errichtet. Paradox: Der Müll ist oft die einzige Einnahmequelle der Frauen in den Lagern.

Mali

Seit Dezember 2023 sind in Mali 354.000 Menschen aus ihrer Heimat geflohen. Der anhaltende Konflikt bedeutet, dass wahrscheinlich noch viel mehr Menschen vertrieben werden.

Gewalttätige Gruppen errichten weiterhin Blockaden, so dass Lebensmittel nicht zu den lokalen Märkten transportiert werden können und Hilfsgüter nicht zu den Bedürftigen gelangen. Immer mehr Menschen sind dadurch mit einem kritischen Niveau der Ernährungssicherheit konfrontiert. Im Jahr 2024 werden voraussichtlich mehr als 1,4 Millionen Kinder akut unterernährt sein.

Die Arbeit von Aktion gegen den Hunger in Mali

Um den von der Gewalt vertriebenen Menschen in Mali zu helfen, haben unsere Teams sie mit nahrhaften Lebensmitteln, sauberem Wasser, guter Hygiene und sicheren Toiletten versorgt. Außerdem bieten wir mit unseren mobilen Kliniken weiterhin Gesundheitsdienste an und unterstützen die vom Konflikt betroffenen Menschen bei der psychischen Gesundheit.

Haiti

Die eskalierende Gewalt, der langsame Übergang zu einer neuen Führung und eine lange Wirtschaftskrise haben dazu geführt, dass Haiti auf die Liste der Länder gesetzt wurde, in denen die größte Gefahr des Hungers besteht.

Die vorhergesagten extremen Regenfälle, die Zunahme von Wirbelstürmen und die hohen Temperaturen werden die ohnehin schon kritische Unterernährung noch weiter verschärfen und zu einer möglichen Katastrophe führen. Für die Monate April bis Juni 2024 wurden überdurchschnittliche Niederschläge vorhergesagt. Damit erhöht sich das Risiko von Überschwemmungen. Die erwarteten hohen Temperaturen wiederum bedeuten, dass es wahrscheinlich mehr Schädlingsbefall geben wird, der wertvolle Ernten zerstören kann.

Die Arbeit von Aktion gegen den Hunger in Haiti

Wir arbeiten seit 1985 in Haiti. Unsere Teams haben Lebensmittelkörbe verteilt, Gesundheitsdienstleister unterstützt und dazu beigetragen, die Kapazitäten der Gemeinschaft zur Bekämpfung und Behandlung von Unterernährung zu stärken. Wir haben Kinder sowie schwangere und stillende Mütter auf Unterernährung untersucht.

Während des Cholera-Ausbruchs im Jahr 2022 haben wir die Menschen darüber aufgeklärt, wie sie die Krankheit durch gesunde Hygiene eindämmen können, haben sauberes Wasser bereitgestellt und die Infizierten behandelt.

Eine Frau aus Äthiopien muss kilometerweit zur Wasserstelle laufen, um ihre Familie zu versorgen.
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In Äthiopien herrscht vielerorts seit Jahren katastrophale Dürre: Menschen müssen Wasser aus kilometerweit entfernten Wasserstellen holen. Ihre Dörfer haben keinen Zugang zu Trinkwasser. Währenddessen werden andere Teile des Landes von heftigen Regenfällen überflutet. Hinzu kommt ein anhaltender Konflikt.

Äthiopien 

Äthiopien befindet sich schon länger in der Liste der Hunger Hotspots. Grund dafür ist neben den Auswirkungen der Klimakrise – allem voran einer schweren Dürre zwischen 2020 und 2023 und den nun einsetzenden Überflutungen – vor allem der Konflikt in der Region Tigray, der Versorgungswege abschneidet und den Zugang zu humanitärer Hilfe erschwert. Auch im Jahr 2024 gehen die Kämpfe zwischen den befeindeten Gruppen weiter und treffen viel zu oft auch die Zivilbevölkerung. Durch Ausgangssperren und Belagerungen können viele ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen. Märkte werden nur unzureichend beliefert. 

Nigeria 

In Nigeria läuft ein Teil der Bevölkerung in den vom Konflikt betroffenen Gebieten im Nordosten Gefahr, in eine katastrophale Ernährungsunsicherheit zu rutschen. Die Inflation ist im Frühjahr 2024 aufgrunddessen stark gestiegen. Währenddessen sind die Lebensmittelpreise sowie Transportkosten in die Höhe geschossen. Es wird vermutet, dass zwischen Juni und August 2024 bis zu 31,8 Millionen Menschen – das sind 16 Prozent der Bevölkerung – mindestens mit einer Ernährungskrise konfrontiert sein werden (IPC-Stufe 3). Voraussichtlich werden 4,4 Millionen Kindern und fast 600.000 Mütter akuter Mangelernährung ausgesetzt sein. 

Menschen weltweit brauchen jetzt Unterstützung

Ohne humanitäre Hilfe stehen Menschen in vielen Regionen weltweit am Abgrund. Aktion gegen den Hunger ist in 56 Ländern und Regionen weltweit im Einsatz und unterstützt die Menschen in den palästinensischen Gebieten, im Sudan und im Südsudan, im Jemen, Haiti, Mali und vielen anderen Gegenden in diesen schweren Zeiten. Mit Bäuerinnen und Bauern etwa arbeiten wir an Dürre-resistenten Anbaumethoden und unterstützen Familien mit Nahrung und Bargeld, damit sie sich selbst versorgen können. Wir diagnostizieren und behandeln mangelernährte Kinder, Frauen und Männer und helfen ihnen, wieder zu Kräften zu kommen.

Helfen Sie uns dabei, die Hunger Hotspots auszumerzen und den Menschen eine Zukunft zu schenken? Gemeinsam können wir Menschen vor der Hungersnot schützen.

Jetzt spenden und ein Zeichen gegen den Hunger setzen!

Hinweis: Dieser Artikel wurde im Jahr 2022 zum ersten Mal veröffentlicht und ist seit Erscheinen des Hunger Hotspots Report im Juni 2024 überarbeitet worden.

25. JULI 2024
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