Ein Kind wird mithilfe der SAM-Foto-App auf Mangelernährung untersucht.

Innovative App diagnostiziert Mangelernährung

Forschung und Innovation im Kampf gegen Mangelernährung sind zentrale Arbeitsbereiche von Aktion gegen den Hunger. Ein besonders erfolgreiches Beispiel ist die SAM-Foto-App, die das Potenzial hat, die Hungerbekämpfung zu revolutionieren.

Die Idee hinter der App ist bestechend einfach: Allein durch ein Foto kann die App erkennen, ob und in welchem Ausmaß ein Kind an Mangelernährung leidet. Die Technologie und die Algorithmen dahinter sind hochkomplex und wurden von Aktion gegen den Hunger in enger Zusammenarbeit mit Wissenschaftler*innen und Universitäten entwickelt. Ziel ist es, Mangelernährung bei Kindern schneller und effektiver zu diagnostizieren und zu behandeln. Und damit Kinderleben zu retten. 

SAM steht für Severe Acute Malnutrition, also schwere akute Mangelernährung. Diese liegt bei Kindern vor, wenn deren Körpergewicht unter 70 Prozent des für ihr Alter angemessenen Gewichts liegt. Hier setzt die App an, denn weltweit sind fast 148 Millionen Kinder unter fünf Jahren mangelernährt – 45 Millionen Kinder sogar akut unterernährt. Sie brauchen dringend eine Behandlung. Da Mangelernährung jedoch oft zu spät diagnostiziert wird, erhalten fast 75 Prozent der Kinder nicht rechtzeitig die Hilfe, die sie benötigen. Die Diagnose mit der SAM-Foto-App könnte deshalb bald für viele Kinder einen lebensrettenden Unterschied machen.

Leben retten mit dem Smartphone

Die App könnte die Arbeit von Tausenden Gesundheitshelfer*innen weltweit in Zukunft enorm erleichtern. Sie wurde insbesondere für entlegene ländliche Regionen entwickelt und funktioniert auch auf den einfachsten Mobiltelefonen. Dazu ist sie im Offline-Modus nutzbar, nur zum Versenden der Diagnosedaten braucht es Internet. Bislang werden oft schwere Waagen und Größentafeln von Gemeinde zu Gemeinde transportiert, um Kinder gesundheitlich zu untersuchen. Auch der Abgleich von Gewicht, Größe und Oberarmumfang mit komplexen Datentabellen ist zeitaufwendig und fehleranfällig. 

„Unsere langfristige Vision ist es, dass alle Eltern den Ernährungszustand ihres Kindes zu Hause genauso einfach überprüfen können, wie Eltern in wohlhabenderen Regionen das Fieberthermometer nutzen“, sagt Laura Medialdea Marcos von Aktion gegen den Hunger. Die Wissenschaftlerin leitet das SAM-Foto-App-Projekt und ist überzeugt von ihrem bahnbrechenden Ansatz: „Das Tool könnte insbesondere für kommunales Gesundheitspersonal in Ländern, in denen das Gesundheitssystem weniger gut ausgestattet ist, von unschätzbarem Wert sein. Letztendlich könnte die App die Art und Weise verändern, wie Mangelernährung untersucht und diagnostiziert wird. 

Die Körpergröße eines Kindes wird auf klassische Art gemessen.
Screenshot der SAM-Foto-App, in der der Arm eines Kindes digital gemessen wird.

Pilotprojekt im Senegal

Nach der Forschungs- und Entwicklungsphase fand im Jahr 2023 erstmals ein größeres Pilotprojekt im Senegal statt, um die Funktionalität der App unter realen Bedingungen zu testen. An der Validierungsphase, in der das Potenzial geprüft und bewertet wurde, nahmen mehr als 90 Kliniken teil. Mit großem Erfolg: Die Ergebnisse bescheinigen der App eine Genauigkeit von weit über 90 Prozent. Nun steht noch eine klinische Studie an. Um die Technologie in möglichst unterschiedlichen Kontexten zu testen und weiterzuentwickeln, laufen derzeit auch Studien in Guatemala. Zudem ist ein weiteres Pilotprojekt in Indien geplant.

Preisgekrönte Innovation

Die App kommt in der Wissenschaft und der Öffentlichkeit gut an. Aktion gegen den Hunger stellte die App beim Tag der offenen Tür im Auswärtigen Amt am 19. und 20. August 2023 in Berlin erstmals einem breiteren Publikum vor und beantwortete viele interessierte Fragen. Zudem wurde die App 2023 mit dem Gold Anthem Award für die beste Innovation im Bereich humanitäre Hilfe und Dienstleistungen ausgezeichnet und war unter den Finalisten der World Changing Ideas Awards 2023. Die Weiterentwicklung und -verbreitung der SAM-Foto-App ist abhängig von der Finanzierung weiterer Forschungs- und Implementierungsprojekte durch externe Geldgeber. Aktion gegen den Hunger setzt sich dafür ein, dass diese Erfolgsgeschichte weitergeschrieben werden kann. 

1. OCTOBER 2024
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