
„Integrated Food Security Phase Classification“ (IPC): Ernährungsunsicherheit transparent messen
Den Hunger weltweit beenden. Das ist eines der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung von den Vereinten Nationen. Doch um den Hunger tatsächlich zu beenden, ist noch viel zu tun: Laut Welternährungsbericht der Welternährungsorganisation FAO sind von den weltweit sieben Milliarden Menschen der Welt insgesamt bis zu 828 Millionen permanent unterernährt.
Hunger weltweit einheitlich einstufen
Um Hilfseinsätze gegen den Hunger zu planen und auch international zu rechtfertigen, entwickelte die FAO im Jahr 2004 gemeinsam mit einem globalen Netzwerk aus 15 Partnern die sogenannte „Integrated Food Security Phase Classification“ (IPC). Auch Aktion gegen den Hunger gehört zu den globalen Partnern. Die IPC ist heute eine international anerkannte Methode, um das Ausmaß und die Schwere von Unterernährung und Hunger zu klassifizieren und notwendige Hilfsmaßnahmen abzuleiten.
Um eine IPC-Klassifikation für eine Region zu erstellen, werden nach wissenschaftlichen Standards alle verfügbaren Daten über die Ernährungssituation gesammelt und ausgewertet. Anschließend wird der Schweregrad der Situation in drei Bereichen klassifiziert:
Akute Ernährungsunsicherheit | Chronische Ernährungsunsicherheit | Akute Unterernährung | |
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IPC Definition | Ernährungsunsicherheit zu einer bestimmten Zeit, die das Leben und/oder den Lebensunterhalt bedroht. | Anhaltende Ernährungsunsicherheit aufgrund struktureller Ursachen. | Globale akute Unterernährung (GAM) erkennbar durch Gewicht von Einzelpersonen oder Ödeme. |
Klassifizierung nach Schweregrad | 1. Minimal | 1. Minimal | 1. Akzeptabel |
Einen Überblick über die Klassifizierung einzelner Regionen gibt die Weltkarte auf der Webseite der IPC.
Krise, Notsituation oder Hungersnot nach IPC
Doch nach welchen Kriterien werden Länder und Regionen den IPC-Klassen zugeordnet? Das bedeuten die IPC-Klassifizierungen am Beispiel der akuten Ernährungsunsicherheit:
Die fünf Phasen der Ernährungsunsicherheit
Die Ernährungslage gilt als gesichert und weniger als 3 Prozent der Bevölkerung leiden an Unter- oder Mangelernährung.
Beispiele: Deutschland, Frankreich, Japan und USA.
Die Versorgung mit Lebensmitteln ist grundsätzlich gesichert. Einige Haushalte können sich essentielle Lebensmittel nicht leisten und weniger als 10 Prozent der Bevölkerung leiden an Unterernährung.
Beispiele: Andenregionen in Südamerika, Teile Chinas und Syrische Geflüchtete in der Türkei.
Trotz humanitärer Hilfeleistungen erlebt mindestens ein Fünftel der Haushalte Lücken in der Versorgung mit Nahrungsmitteln. 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung sind mangel- oder unternährt.
Beispiele: Bevölkerungsteile in Haiti, Indonesien, El Salvador, Äthiopien, Nigeria und Jordanien.
Die Situation gilt als humanitärer Notfall und der Zugang zu Nahrung ist stark eingeschränkt. Darüber hinaus hat ein großer Teil (über 15 Prozent) der Bevölkerung keinen oder nur einen stark begrenzten Zugang zu Nahrungsmitteln.
Beispiele: Bevölkerungsteile aus Senegal, Demokratische Republik Kongo, Afghanistan, Äthiopien, Malawi, Mozambique oder Mali.
Mindestens 30 Prozent der Bevölkerung eines Landes sind trotz humanitärer Hilfe akut unterernährt. Den Menschen steht weniger als 4 Liter Wasser am Tag zur Verfügung. Große Bevölkerungsteile nicht mehr in der Lage, eigenes Einkommen zu erwirtschaften und um Lebensgrundlagen zu sichern. 2 von 10.000 Menschen sterben täglich an Mangelernährung.
Beispiele: Jemen und Südsudan.
Drohende oder bereits akute Hungersnöte (Stufe 4 und 5) verlangen besonders schnelles Handeln und akute Hilfe durch die internationale Gemeinschaft. Teil des IPC ist daher auch das Ausrufen von Ernährungskrisen und das Einleiten von Hilfsmaßnahmen. Hilfsgüter in Form von kalorienreicher Nahrung, Spezialnahrung für Kinder und Wasser werden ausgeliefert, um den akuten Hunger zu lindern. Außerdem sollen strukturelle Interventionen geplant und ausgeführt werden.
Grundsätzlich sollen bereits ab IPC Stufe 3 (Krise) Schritte in die Wege geleitet werden, damit sich die Ernährungsunsicherheit der betroffenen Region nicht verschlechtert.
Aktion gegen den Hunger und IPC
Aktion gegen den Hunger ist eine der Organisationen, die an der stetigen Verbesserung der IPC-Skalierung und an der Klassifizierung der Ernährungssituation für IPC-Reporte mitarbeitet. Das Instrument hat sich seit seiner Einführung zu einem der anerkanntesten Instrumente zur Bewertung des Hungers etabliert und stellt so eine wichtige Grundlage für die Arbeit von Hilfs- und Regierungsorganisationen gegen den weltweiten Hunger dar.
Wie jeder bürokratische Prozess ist die Sammlung und Auswertung von Daten für die IPC-Reporte jedoch teilweise langwierig – während von Ernährungsunsicherheit betroffene Menschen akut Hilfe benötigen. Deswegen kämpfen wir in über 50 Ländern weltweit an 365 Tagen im Jahr vor Ort gegen den Hunger und setzen besonderes Augenmerk auf die präventive Arbeit. Damit Hungersnöte gar nicht erst entstehen.