Aktion gegen den Hunger im Libanon

Libanon: Zerstörung der Notunterkünfte verschlechtert Lebensbedingungen syrischer Flüchtlinge

Zerstörung Notunterkünfte

  • Rund 2500 Notunterkünfte im Ostlibanon werden seit Mai auf Anordnung des Obersten Verteidigungsrates demontiert. Fast die Hälfte davon ist bereits zerstört. Hunderte von Familien sind nun obdachlos, die Menschen sind verzweifelt. Der enorme existentielle Druck könnte sie zu einer Rückkehr in das noch immer unsichere Syrien bewegen.
  • Aktion gegen den Hunger fordert die Einhaltung grundlegender Schutzmaßnahmen, die Unterstützung von Familien bei der Umsiedlung und den Schutz von Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen oder Moscheen.

Beschluss: Abriss von Unterkünften ohne Baugenehmigung

Der Beschluß ist eindeutig: Alle Unterkünfte, die ohne Baugenehmigung errichtet wurden, müssen abgerissen, respektive zerstört werden. Die Entscheidung betrifft in der Praxis einen Großteil der Unterkünfte, in denen schätzungsweise 1,5 Millionen Syrer seit Beginn des Konfliktes im Jahr 2011 Schutz suchen und leben. Bis heute hat der Libanon, der die Flüchtlingskonvention nicht unterzeichnet hat, keine offiziellen Flüchtlingslager installiert. Die Syrer leben in informellen Camps aus Zelten.

Lebensbedingungen der Syrer verschlechtern sich zusehends

„Die Zerstörung ihrer Unterkünfte ist nur eine der vielen Schikanen, denen syrische Geflüchtete ausgesetzt sind. Ihre Lebensbedingungen verschlechtern sich zusehends. Durch die schwierigen Umstände wird ihre Würde untergraben und die Menschen fühlen sich gezwungen, das Land wieder zu verlassen und vorzeitig nach Syrien zurückzukehren. Ihr Leben ist dort aber noch immer nicht sicher. Das Risiko maroder technischer Infrastruktur oder die Rückkehr an völlig zerstörte Orte, an denen die Menschen große Unterstützung benötigen würden, um sich ein neues Leben aufzubauen, sprechen klar gegen eine so frühe Rückkehr,“ erklärt Chiara Saccardi, Referentin für Maßnahmen gegen den Hunger im Nahen Osten.

Erschöpft von der ziellosen Flucht

„Wir müssen berücksichtigen, dass diese Menschen seit ihrer Flucht vor einem Krieg unter den schwierigsten Bedingungen leben und nach acht Jahren Flüchtlingsleben bereits unter starkem Stress stehen. Die erneute Zerstörung ihrer Häuser setzt sie, besonders die Kinder, einem hohen Risiko schädlicher Re-Traumatisierung aus,“ sagt Saccardi.

Um die Anordnung zum Abriss zu befolgen, setzen nun viele Familien ihre geringen Ersparnisse ein: sie mieten die benötigte Ausrüstung oder stellen Tagelöhner ein, um ihnen zu helfen. Dies kostet rund 15 Euro am Tag, wobei sie monatlich durchschnittlich nur 60 Euro für Extra-Ausgaben erübrigen können.

Viele Witwen sowie Haushalte aus Frauen und Mädchen, können sich das gar nicht leisten. „Sie sind dazu gezwungen, unter freiem Himmel zu schlafen. Frauen und Mädchen setzen sich damit sexueller Belästigung aus. Die Alternative wären instabile Unterkünfte. Für die kalten Winter hier, mit Temperaturen unter Null ist das aber keine Option,“ erklärt Saccardi.

Schutt und Trümmer behindern die humanitäre Hilfe

Zusätzlich erschweren 9.537 m3 Schutt (Stand Mitte Juli) auf dem Gebiet des Camps die Hilfseinsätze. Der Schutt wird nur langsam beseitigt, was die Mobilität der Flüchtlinge eingrenzt und den Einsatz humanitärer Hilfe behindert. Außerdem ziehe der Schutt Ratten und Schlangen an, was die Gesundheit der Campbewohner gefährde.

Der Libanon ist das Land, das die meisten syrischen Flüchtlinge aufgenommen hat (einer von vier Einwohnern). Die Zerstörung ihrer Unterkünfte ist nur ein Grund für den steigenden Druck, dem die Geflüchteten ausgesetzt sind. „Hinzu kommt, dass es immer schwieriger für Syrer wird, eine Arbeitserlaubnis zu erhalten. Auch dadurch könnten sie sich gezwungen fühlen, in ihr unsicheres Land zurückzukehren. Dies wäre aus meiner Sicht der schlimmste Ausweg aus einer Krise, die die Würde der syrischen Bevölkerung schon seit acht Jahren drastisch untergraben hat,“ schließt Saccardi.

31. JULI 2019
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