Humanitäre Hilfe am Wendepunkt: Massive Kürzungen bei USAID und im Bundeshaushalt verschärfen globale Notlage

Pressemitteilung vom: 24.07.2025

Die internationale humanitäre Hilfe steht vor dramatischen Herausforderungen. Während weltweit die humanitären Bedarfe steigen, ziehen sich zentrale Geberländer zurück. Mit der Zerschlagung von USAID fällt der wichtigste Geber weg. Auch die Bundesregierung kürzt die Mittel für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit massiv – mit schwerwiegenden Folgen für Millionen Menschen.

„Die Mittelkürzungen für die internationale Hilfe sind dramatisch: Unsere Teams stehen vor der schwierigen Aufgabe, menschliches Leid zu gewichten. Sie müssen entscheiden, wem wir weiter helfen können. Und wem nicht. Dort, wo wir gezwungen sind, Gesundheitszentren oder mobile Kliniken zu schließen, suchen wir stets nach Übergangslösungen, um die Versorgung der Kinder und ihrer Familien fortzusetzen. Doch das gelingt nicht immer. Dann endet die lebenswichtige Versorgung, und Kinder sterben“, sagt Jan Sebastian Friedrich-Rust, Geschäftsführer von Aktion gegen den Hunger.

USAID-Aus: Eine Zäsur für die humanitäre Versorgung weltweit

Mit dem offiziellen Ende der US-Entwicklungsagentur USAID am 1. Juli verliert die internationale Gemeinschaft den wichtigsten Geber im Bereich der humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit. Die Auswirkungen sind bereits jetzt in vielen Ländern verheerend.

Eine kürzlich im Fachmagazin The Lancet veröffentlichte Untersuchung warnt: Sollte der umfassende Rückzug der USA aus der internationalen Hilfe bestehen bleiben, dann werden in den nächsten fünf Jahren weltweit bis zu 14 Millionen Menschen zusätzlich sterben, darunter etwa 4,5 Millionen Kinder unter fünf Jahren.

Beispiele aus der Projektarbeit von Aktion gegen den Hunger

Die Kürzungen haben bereits heute weltweite Auswirkungen in den Projekten von Aktion gegen den Hunger, unter anderem:

  • In der Demokratischen Republik Kongo erhielten während der Aussetzung der Hilfen etwa 12.000 Kinder unter fünf Jahren keine Behandlung häufiger Kinderkrankheiten. Die Zahl der Konsultationen halbierte sich. 650 neue Fälle von schwerer akuter Mangelernährung konnten nicht behandelt werden.
  • In der mosambikanischen Provinz Cabo Delgado, die seit acht Jahren von bewaffneten Konflikten und massiven Vertreibungen heimgesucht wird, mussten lebensrettende Projekte eingestellt werden. Mehr als 30.000 Menschen verloren den Zugang zu Nahrungsmittelhilfe und Saatgut.
  • In Madagaskar mussten zwei Stützpunkte geschlossen, 200 Mitarbeitende entlassen und zehn mobile Kliniken stillgelegt werden. Dies hat die Versorgung von 5.036 akut unterernährten Kindern und 1.900 Kindern mit Kinderkrankheiten direkt betroffen.
  • In der Ukraine wurde die psychologische Unterstützung für rund 2.000 Kinder und Familien eingestellt. Acht Gesundheitszentren, die etwa 18.000 Menschen versorgen, konnten nicht die geplante Ausstattung und Schulung erhalten.
  • Auch in Ländern wie Tschad, Nigeria, Burkina Faso, Jordanien und Afghanistan sind die Auswirkungen gravierend. Vielerorts mussten Hilfsmaßnahmen drastisch reduziert, ganz oder temporär eingestellt werden.

„Die kurzfristigen Einsparungen führen zu einer langfristigen Verschärfung von Krisensituationen. Wenn die Welt aus den Fugen gerät, wird es auch für uns auf Dauer weniger Sicherheit, Frieden und Wohlstand geben. Umso wichtiger ist es, dass Deutschland und die europäischen Staaten Verantwortung übernehmen und Lücken schließen, die durch die Kürzungen entstanden sind”, sagt Jan Sebastian Friedrich-Rust.

Drastische Kürzungen auch in Deutschland und anderen Geberländern

Doch die Tendenz ist eine andere: Viele weitere wichtige Geberländer wie Frankreich, Belgien, Großbritannien, Schweden und die Niederlande kürzen ihre Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe. So auch Deutschland: Der am 24. Juni beschlossene Haushaltsentwurf sieht drastische Kürzungen vor: Trotz steigender Bedarfe verliert das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) das dritte Jahr in Folge rund eine Milliarde Euro, was einer Etatkürzung von 8 Prozent entspricht. Für die im Auswärtigen Amt angesiedelte Humanitäre Hilfe ist gar eine Kürzung um 53 Prozent vorgesehen. Mit diesem Haushalt wird das international zugesagte Ziel, mindestens 0,7 % des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe bereitzustellen, deutlich verfehlt.

Neuausrichtung darf nicht das Fundament internationaler Solidarität gefährden

Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag eine Neuausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit angekündigt. So soll sich die Entwicklungspolitik künftig stärker an wirtschaftlicher Zusammenarbeit, der Sicherung des Zugangs zu Rohstoffen, der Bekämpfung von Fluchtursachen sowie der Kooperation im Energiesektor orientieren. Auch dies hat weitreichende Konsequenzen:

„Die internationale Hilfe steht an einem Wendepunkt. Die globale Lage verschärft sich durch zunehmende Konflikte, Klima- und Hungerkrisen. Gleichzeitig sinken die verfügbaren Mittel massiv, und die Instrumente zur Koordinierung der internationalen humanitären Hilfe werden geschwächt. Wenn sich die Prioritäten der Geberländer zunehmend nach geopolitischen Interessen richten, gefährdet das nicht nur konkrete Projekte, sondern das gesamte Fundament internationaler Solidarität“, erläutert Jan Sebastian Friedrich-Rust.

24. JULI 2025
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