Portrait von Maimoumma Cissé

FAQ zur Petition:
Frauenrechte stärken, Hunger besiegen

Frauen und Mädchen überdurchschnittlich stark von Hunger und Mangelernährung betroffen.

Und das, obwohl sie bis zu 80 Prozent der Nahrungsmittel produzieren! Das Risiko an Hunger zu leiden ist für Frauen 30 Prozent höher als für Männer. Unterzeichnen Sie jetzt unsere Petition an die Bundesregierung, um Frauenrechte zu stärken und den Hunger weltweit zu bekämpfen.

Zur Petition

FRAUEN UND HUNGER: HINTERGRÜNDE

Wie viele Frauen und Mädchen leiden Hunger?

Bis zu 783 Millionen Menschen weltweit leiden an Hunger, davon sind rund 60 Prozent weiblich. In den Ländern des Globalen Südens sind es sogar bis zu über 70 Prozent. Für Frauen und Mädchen ist das Risiko an Hunger zu leiden rund 30 Prozent höher als für Männer – die Corona-Pandemie hat diesen Trend noch verstärkt.

[1] FAO: The state of food security and nutrition in the world 2022
[2] OCHA: Global Humanitarian Overview 2021

Warum sind Frauen und Mädchen besonders von Ernährungsunsicherheit bedroht?

Grundlegende Ursachen sind patriarchale, politische und gesellschaftliche Strukturen, Sexismus, fehlende Teilhabe und unzureichende rechtliche Gleichstellung. Sie bedingen die Diskriminierung von Frauen und Mädchen beim Zugang zu Ressourcen, ihre Benachteiligung auf dem Arbeitsmarkt und somit ihre ökonomische Eigenständigkeit.

Fakten auf einen Blick:

  • Frauen und Mädchen sind weltweit für fast 50 Prozent der landwirtschaftlichen Arbeit zuständig, vereinen jedoch weniger als 20 Prozent des weltweiten Grundbesitzes.
  • Frauen arbeiten überdurchschnittlich häufig im informellen Sektor und werden ohne soziale Sicherheiten unterdurchschnittlich bezahlt. Von Krisen sind sie in besonderem Maße existenziell bedroht.
  • Frauen leisten den Großteil unbezahlter Care-Arbeit und verfügen so über weniger Zeit für bezahlte Arbeit.
  • Zwei Drittel aller Menschen, die nicht lesen und schreiben können, sind weiblich. Das beeinträchtigt ihre Chance auf dem Arbeitsmarkt und vergrößert ihre sozioökonomische Abhängigkeit.

[3] UN Women
[4] FAO Gender

Welche familiären und physiologischen Gründe bedingen Mangelernährung bei Frauen und Mädchen?

Während Schwangerschaft, Stillzeitund der Menstruation haben Frauen und Mädchen einen erhöhten Nährstoffbedarf. Da dieser häufig nicht gedeckt werden kann, leiden rund 33 Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter an Blutarmut (Anämie) und somit akutem Eisenmangel. Diese Mangelerscheinung wirkt sich bereits während der Schwangerschaft auf die Entwicklung des Kindes aus. Kulturell bedingt bilden Frauen und Mädchen in der Familienhierarchie immer noch häufig das Schlusslicht. Im Vergleich zu männlichen Familienmitgliedern erhalten sie dann oft weniger und qualitativ minderwertiges Essen. In prekären Ernährungssituationen sind es außerdem häufig Frauen, die zugunsten anderer Familienmitglieder auf einen Teil ihrer Rationen verzichten.

[5] FAO: The state of food security and nutrition in the world 2021

ROLLENZUSCHREIBUNGEN UND COVID

Wie ist die Rolle von Frauen im Ernährungssystem?

Aufgrund sozialer Rollenzuschreibungen sind Frauen und Mädchen vielerorts für die Versorgung der Gemeinschaft mit Lebensmitteln und Wasser zuständig.

  • In Afrika, Asien und Lateinamerika produzieren Frauen zwischen 60 und 80 Prozent aller Grundnahrungsmittel und sind für deren Verarbeitung und Lagerung zuständig.
  • In Afrika südlich der Sahara müssen Frauen beispielsweise mehrmals täglich bis zu 33 Minuten laufen, um Wasser zu holen. Beim Zugang zu Saatgut, Land, Wasser und Krediten werden Frauen jedoch massiv benachteiligt. Oft sind ihnen diese Ressourcen nur über männliche Verwandte zugängig, was ihre Abhängigkeit noch verstärkt. Die Zeit, die sie für die Beschaffung und Zubereitung von Lebensmitteln und Wasser brauchen, steht ihnen außerdem nicht für bezahlte Arbeit zur Verfügung.

[6] FIAN Thema Geschlechtergerechtigkeit
[7] UN WATER Water Facts

Welchen Einfluss hat COVID-19 auf die Ernährungssituation von Frauen?

COVID-19 hat die Hungerproblematik auf der ganzen Welt potenziert. Wer vorher schon an Hunger und Mangelernährung litt (also vor allem Frauen und Kinder), ist nun noch stärker betroffen.

Dies trifft Frauen besonders, da sie in vielen Kontexten die Hautverantwortlichen für die Ernährung der Familien sind. Zudem arbeiten sie überdurchschnittlich häufig in wirtschaftlichen Schattenbereichen ohne soziale Sicherheiten oder im Niedriglohn-Sektor. Frauen haben durch die Pandemie häufiger ihre Arbeit verloren als Männer oder mussten ihre Arbeitszeiten drastisch reduzieren. Bei Einkommensverlusten erhalten sie daher seltener bzw. weniger Transfer- oder Ersatzleistungen. Zusätzlich sind sie dem Virus stärker ausgesetzt als Männer, da sie häufiger die Pflege kranker Angehöriger übernehmen oder Pflege-Dienstleistungen übernehmen.

Jugendliche Mädchen in Konfliktgebieten haben wegen der Beschränkungen zur Eindämmung der Pandemie zudem eine um 90 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, die Schule zu verlassen. Das erhöht ihr Risiko auf eine Zukunft in Armut massiv.

[8] FAO: The state of food security and nutrition in the world 2021
[9] UN Women: Policy Brief: The Impact of COVID-19 on Women
[10] UNOCHA

UNSERE PETITION FÜR MEHR GESCHLECHTERGERECHTIGKEIT

Warum richten wir einen Appell an die Bundesregierung?

Durchschnittlich gelten nur drei Viertel der gesetzlichen Rechte, die Männern gewährt werden, auch für Frauen. Die deutsche Bundesregierung hat sich daher verpflichtet, die Gleichstellung und Gleichberechtigung von Frauen und Mädchen weltweit zu fördern und zu unterstützen. Dennoch hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) in den vergangenen Jahren weniger Geld in Projekte investiert, die schwerpunktmäßig Frauen fördern.

Die Bundesregierung hat sich außerdem dazu verpflichtet, bis zum Jahr 2030 500 Millionen Menschen von Hunger und Mangelernährung zu befreien. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Finanzierung für die weltweite Ernährungssicherheit mindestens verdoppelt werden.

[14] Peterson Institute For International Economics: Gendered Laws and Women in the Workforce

Was fordern wir von der Bundesregierung?

Um den Hunger weltweit zu besiegen, müssen Frauen weltweit die gleichen Rechte geltend machen können wie Männer. Wir fordern daher von der Bundesregierung:

  • Frauenrechte in allen politischen Entscheidungen und Strategien zu adressieren und zu stärken.
  • Alle Möglichkeiten, Geschlechtergerechtigkeit und *Gender Mainstreaming zu fördern, müssen ausgeschöpft werden – auch außenpolitisch.
  • Alle Entwicklungsprojekte müssen den gleichberechtigen Zugang von Frauen zu Ressourcen wie Land, Saatgut, Krediten und Wissen voraussetzen und fördern.
  • Um ihre Ernährungssicherheit zu stärken, müssen Frauen aus dem Globalen Süden in die Entwicklung und Durchführung von Projekten im Ernährungs- und Landwirtschaftsbereich eingebunden werden.
  • Von Deutschland unterstützte Verhandlungs- und Mediationsprozesse sollen Frauen aktiv auf allen Ebenen und in allen Phasen einbeziehen.
  • Grundsätzlich sollen Frauen von Anfang an in alle gesellschaftlichen und politischen Prozessen eingebunden werden, um ihre Inklusion zu gewährleisten.

*Gender Mainstreaming bezeichnet die Verpflichtung, bei allen Entscheidungen die unterschiedlichen Auswirkungen auf Männer und Frauen in den Blick zu nehmen.

Was würde sich ändern, wenn es mehr Geschlechtergerechtigkeit gäbe?

Wo Frauen und Mädchen gleichberechtigt leben und arbeiten, gibt es weniger Hunger.

  • Frauen investieren einen Großteil ihrer Ressourcen in ihre Familien und Gemeinschaften: Bis zu 90 Prozent ihres Haushaltsbudgets fließen in Nahrungsmittel, Medikamente, Vorräte und ähnliches. Bei Männern sind es nur etwa 30 Prozent.
  • Frauen teilen ihr Wissen besonders häufig mit anderen.

Hätten Frauen die gleichen Zugänge wie Männer, könnten sie zudem die Erträge auf ihren Farmen um 20 bis 30 Prozent steigern! Denn um Land profitabel zu bewirtschaften braucht es zum Beispiel Zeit, Fachwissen, Budget für das richtige Saatgut und Werkzeuge sowie hochwertiges Land – alles Dinge, die besonders im Globalen Süden oft Männern vorbehalten sind.

Studien gehen deshalb davon aus, dass rund 150 Millionen Menschen weniger hungern würden, wenn Frauen im Globalen Süden die gleichen Möglichkeiten hätten wie Männer.

[11] FAO

Wieso helfen Frauenrechte im Kampf gegen Mangelernährung bei Kindern?

Wenn Frauen weniger Hunger leiden, profitieren davon ihre Kinder. Organische Entwicklungsstörungen entstehen häufig bereits in der Schwangerschaft und sind oft durch Nährstoffmangel ausgelöst. Mangelernährte Mütter sind zudem häufig nicht in der Lage, ihre Kinder mit der gesunden und gehaltvollen Muttermilch zu stillen. Wegen der Armut der betroffenen Familien führt dies häufig ebenfalls zu Mangelernährung bei der nächsten Generation bereits im frühen Kindesalter.

[12] WHO: Essential Nutrition Actions: improving maternal, newborn, infant and young child health and nutrition
[13] FAO: The spectrum of malnutrition

Was bringt meine Unterschrift? Warum sollte ich mitmachen?

Mit deiner Unterschrift erhöhst du den Druck auf die Politik, die Forderungen unserer Petition anzuerkennen und umzusetzen. Wir fordern von der neuen Bundesregierung, Frauenrechte und Gender Mainstreaming noch stärker in der deutschen Entwicklungspolitik und der humanitären Hilfe zu verankern. Erzähl deswegen auch deinen Freund*innen von der Petition und bitte sie zu unterzeichnen – denn je mehr Menschen die Petition unterzeichnen, desto mehr Gewicht haben unsere Forderungen an die Bundesregierung.

Ich möchte auch darüber hinaus helfen. Was kann ich tun?

Während die Mühlen der Bürokratie langsam malen, gibt es JETZT weltweit bis zu 783 Millionen Menschen, die Hunger leiden. Deswegen setzen wir uns nicht nur für langfristige strukturelle Veränderungen ein, sondern unterstützen akut notleidende Menschen vor Ort in 55 Ländern und Regionen weltweit. Die spezifische Unterstützung und Förderung von Frauen und Mädchen nimmt in all unseren Projekten eine zentrale Rolle ein. Um auch weiterhin vor Ort Hilfe leisten zu können, sind wir dringend auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Hilf uns dabei, Frauen und Mädchen weltweit in Notsituationen zur Seite zu stehen und uns gegen den Hunger einzusetzen – mit deiner Online-Spende! Jetzt spenden

WIE HILFT AKTION GEGEN DEN HUNGER

Wie helfen wir vor Ort?

Frauen sind der Schlüssel zum Erfolg unserer Arbeit gegen den Hunger weltweit. Sie sind die Expertinnen darin, wie wir dem Hunger in ihrer Region am effektivsten begegnen können. Die Arbeit von Aktion gegen den Hunger liegt darin, sie möglichst umfassend zur Selbsthilfe zu befähigen.

Beispiele für die Arbeit von Aktion gegen den Hunger:

  • Wir schulen Frauen in medizinischen Grundlagen und in den Möglichkeiten zur kontrollierten Familienplanung.
  • Wir bauen Brunnen, damit sich die Wege zur Wasserstelle für Frauen verkürzen.
  • Wir geben Frauen Schulungen und verteilen Saatgut, um ihren landwirtschaftlichen Ertrag zu erhöhen.
  • Wir bilden Gesundheitsberaterinnen aus, die innerhalb der Gemeinden eine unersetzbare Funktion einnehmen und als Vorbilder fungieren.
  • Wir unterrichten Frauen mithilfe von Ernährungsexpert*innen darin, wie sie Lebensmittel so zubereiten und lagern, dass der Nährstoffgehalt optimal ausgenutzt wird.
  • Wir beziehen Frauen und Männer bei Planungs- und Entwicklungsprozessen ein, um die unterschiedlichen Bedürfnisse optimal zu berücksichtigen.
Wie nehmen wir Einfluss auf benachteiligende Strukturen?

Aktion gegen den Hunger setzt sich für die *Geschlechtergerechtigkeit und die Beseitigung von **geschlechtsspezifischer Gewalt (englisch: Gender Based Violence, kurz GBV) ein. Das gilt sowohl für unsere Projektarbeit, als auch die Arbeit innerhalb unserer Teams. Eine dezidierte „Gender Unit“ in unserem Büro in Kanada bildet dabei das Zentrum unserer Expertise und stellt unseren Teams in fast 50 Ländern Tools und Ressourcen zur Verfügung, um gendersensible (bzw. transformative) Projekte zu entwickeln und damit auch Frauen in der Projektplanung einzubinden.

 

Seit 2018 ist Aktion gegen den Hunger Mitglied des weltweiten Aufrufs zum Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt in Notfällen. Gemeinsam mit über 60 weiteren humanitären Organisationen fordern wir, dass geschlechtsspezifische Gewalt als lebensbedrohlich anerkannt und direkt ab dem Aufkommen von Krisensituationen bekämpft wird. Gemeinsam mit anderen erfahrenen humanitären Akteuren hat Aktion gegen den Hunger zudem im vergangenen Jahr das Gender-Transformative Framework for Nutrition gegründet. Dabei handelt es sich um eine Initiative, in der Erfahrungen, Wissen und Ressourcen gebündelt werden, um den Gender-Aspekt in der humanitären Arbeit sicherzustellen, weiterzuentwickeln und umzusetzen.

 

*Geschlechtergerechtigkeit ist der Zustand, in dem der Zugang zu Rechten oder Möglichkeiten nicht durch die Geschlechtsidentität oder die sexuelle Orientierung eines Menschen beeinflusst wird.

* *Geschlechterspezifische Gewalt (GBV) ist ein Überbegriff für jede schädliche Handlung, die gegen den Willen einer Person begangen wird und auf sozial zugeschriebenen (geschlechtsspezifischen) Unterschieden zwischen Männern und Frauen beruht.

20. JULI 2023
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